Betroffene, die eine Vorladung von der Polizei erhalten haben, stellen mir häufig folgende Fragen:
Die Vorladung als Beschuldigter durch die Polizei dürfen Sie ignorieren.
Wenn Sie die Vorladung der Polizei ignorieren und nicht zur Vernehmung erscheinen, ist dies für Sie folgenlos. Es kann allerdings passieren, dass die Polizeibeamten Sie anrufen, um Sie zur Sache zu befragen oder zu überzeugen, doch noch auszusagen.
Wenn Sie eine Vorladung durch den Richter oder Staatsanwalt erhalten, müssen Sie dieser nachkommen.
Werden Sie als Zeuge von der Polizei zur Vernehmung geladen, gelten andere Regeln. Genaueres hierzu entnehmen Sie bitte einem meiner anderen Beiträge.
Als Beschuldigter dürfen Sie schweigen.
Als Betroffener haben Sie ein umfassendes Schweigerecht.
Nach Erhalt der Vorladung durch die Polizeidienstelle wissen Sie meist nicht oder nur schemenhaft, was Ihnen überhaupt vorgeworfen wird. Beschuldigte sind in der Regel neugierig und wollen unbedingt wissen, was ihnen vorgeworfen wird. Selbst wenn die Polizeibeamten ihnen das Geschehen in groben Zügen schildern, wissen sie noch nicht, welche Informationen den Ermittlungsbeamten vorliegen. Dieser Zeitpunkt birgt die größten Risiken, bietet aber auch die größten Chancen für das Strafverfahren.
Nicht selten vermitteln Polizeibeamten dem Betroffenen den Eindruck, der Betroffene sei längst überführt und Schweigen oder das Abstreiten des Sachverhalts mache alles nur noch schlimmer. Sie raten ihm zu einem Geständnis.
Beantragt der Anwalt später Akteneinsicht, ist oft das Gegenteil der Fall. Der Beschuldigte ist lediglich aufgrund seiner eigenen Aussage überführt worden. Hätte er geschwiegen, hätte er freigesprochen werden müssen bzw. wäre das Strafverfahren bereits im Ermittlungsverfahren eingestellt worden.
Im Ermittlungsverfahren ist Schweigen das Mittel der Wahl.
In Verkehrsstrafsachen, z.B. Fahrerflucht, Nötigung, Fahren unter Drogen- und Alkoholeinfluss, Unfällen mit Personenschaden, wissen die ermittelnden Beamten häufig nicht, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat. Obwohl Zeugen vorhanden sind, fehlt der Hinweis auf den Fahrer. Die Zeugen schildern das Tatgeschehen, haben aber den Fahrer nicht erkannt. Die Polizeibeamten ermitteln den Halter des Fahrzeugs und suchen diesen zu Hause auf.
Ein Fahrzeughalter, dem vorgeworfen wird, Fahrerflucht begangen zu haben, neigt in dieser Stresssituation dazu, sich gegenüber den Polizeibeamten zu rechtfertigen. Gerne behaupten Betroffene, den Unfall nicht bemerkt zu haben. Damit geben diese aber ungewollt zu, das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt zu haben. In der Regel gibt die Staatsanwaltschaft ein Sachverständigengutachten in Auftrag, um zu überprüfen, ob der Unfall für den Fahrer bemerkbar war oder nicht. Gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass der Fahrer den Unfall bemerkt haben muss, wird der Halter verurteilt. Dass er den Unfall nicht bemerkt hat, glaubt ihm dann kein Richter.
Macht der Betroffene von Anfang an von seinem Schweigerecht Gebrauch, kann er nicht wegen Fahrerflucht verurteilt werden, da er nicht als Täter identifiziert wurde.
Es ist sinnvoll, dass der Betroffene vor Einblick in die Ermittlungsakte erst gar nicht versucht, die Tat zu rechtfertigen. Gerade Menschen, die sich ertappt fühlen, haben ein großes Rechtfertigungsbedürfnis und reden sich um Kopf und Kragen. Dadurch werden nicht selten Sachverhalte eingeräumt, von denen die Ermittlungspersonen nie etwas erfahren hätten.
Schweigen hat für den Beschuldigten keinen Nachteil.
Beschuldigte sorgen sich häufig darum, dass ihr Schweigen nachteilig gewertet werden könnte. Sie glauben, dass jemand, der sich nichts zuschulden kommen lassen hat, auch zum Tatvorwurf Stellung nehmen kann. Teilweise glauben die Betroffenen auch, dass sie keinen Anwalt benötigen, wenn sie unschuldig sind.
Dies ist jedoch ein Irrglaube.
Schweigen darf nicht zum Nachteil des Betroffenen gewertet werden. Außerdem bedeutet Schweigen vor Gewährung von Akteneinsicht nicht, dass sich der Betroffene nicht später zur Sache äußern wird. Es ist häufig sogar sinnvoll, erst nach Erhalt der Strafakte zum Geschehen Stellung zu nehmen.
Mandatiert mich ein Betroffener, teile ich der zuständigen Polizeidienstelle mit, dass er nicht zur Vernehmung erscheinen und sich auf mein Anraten hin im Moment nicht zur Sache äußern wird. Damit mache ich deutlich, dass mein Mandant nicht schweigt, weil er etwas zu verbergen hat, sondern weil ich ihm dies empfehle.
Brauche ich einen Anwalt?
Betroffene sind sich nach Erhalt der Vorladung häufig unsicher, ob sie einen Rechtsanwalt benötigen.
Ob dies der Fall ist, kann ein Anwalt erst beurteilen, wenn ihm Akteneinsicht gewährt wurde. Für die Akteneinsicht sollten die Betroffenen einen Anwalt beauftragen. Ein Beschuldigter hat zwar grundsätzlich ein eigenes Akteneinsichtsrecht, § 147 IV StPO, er weiß jedoch meist nicht, welche Aktenbestandteile wesentlich für das Verfahren sind. Außerdem wird ihm der Rechtsanwalt wertvolle und hilfreiche Tipps geben, wie er sich im Strafverfahren zu verhalten hat.
Nach Erhalt der Akte kann der Anwalt die Chancen und Risiken des Strafverfahrens einschätzen, sodass der Betroffene abwägen kann, ob er von einem Anwalt vertreten werden will oder nicht.
Ein guter Strafverteidiger verfügt über hinreichend Erfahrung, um die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung auszuloten. Er kann auch beurteilen, ob sich der Mandant zum Tatvorwurf äußern soll oder nicht. Zugleich sind ihm die örtlichen Gepflogenheiten bekannt.
Strafverteidigung gleicht einem Schachspiel. Die richtige Strategie und der richtige Zeitpunkt können den Ausgang des Verfahrens wesentlich beeinflussen, sodass die Mandatierung eines im Strafrecht erfahrenen Rechtsanwalts nur von Vorteil sein kann.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie mich gerne:
Rechtsanwältin
Dipl. Jur. Stefanie Lindner
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